Sonntag, 10. Januar 2016

Luxemburg! Liebknecht! Lenin - Bericht vom LL(L)-Wochenende in Berlin

Am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die Gründerin und der Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands, auf Befehl der Führung der SPD ermordet. Seither organisiert die politische Linke in Deutschland Anfang Januar eine große Demonstration zum Friedhof der Sozialisten in Berlin zu Ehren aller gefallenen Genossinnen und Genossen und zugleich als eine Demonstration der eigenen Stärke, die insbesondere seit der Annexion der DDR bitter nötig ist. Seit nun 21 Jahren gibt es daher auch als Ergänzung zur Demo die Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz der Jungen Welt, die als Plattform des Dialogs und Aufbaus für alle Linken in der BRD und darüber hinaus dienen soll.
Auf Einladung der FDJ nahm auch eine Delegation der Kämpfenden Jugend an diesem Großkampfwochenende aktiv teil. 

Teil I (Samstag): "Jung, brutal, gut-aussehend" oder: Eine notwendige Frage und das unertägliche Schweigen der "revolutionären" Jugend


Nach einer langen Nacht im Bus erreichte unsere wir Ingolstädter in aller Früh am Samstag das Urania in Berlin, wo die Rosa-Luxemburg-Konferenz stattfand. Bereits eine Stunde vor Einlass hatten sich vor den Türen lange Schlangen gebildet: Tatsächlich herrschte ein unglaublicher Andrang, den wir eigentlich nicht erwartet hatten. 2600 Teilnehmer vermeldeten die Veranstalter zum Schluß. Ein großartiges Ergebnis, zeigt es doch, dass das Interesse an linker Politik und Theorie nicht abreißt, sondern Menschen von Jung bis Alt begeistern kann.
Dabei war das Programm der Konferenz schlicht atemberaubend: Von Podiumsdiskussionen unter anderem mit Markov, Kommandeur der kommunistischen Brigade Prisrak im Donbass, über Vorträge zur Bedeutung von Kultur im Klassenkampf bis hin zu Musikeinlagen war alles geboten. Und natürlich war die politische Linke in all ihren Spielarten anwesend: An Ständen präsentierten sich die FDJ, genauso wie die SDAJ oder die SAV, man konnte, wenn man denn wollte, mit Trotzkisten von Spartakist Streitgespräche führen, sich über die Cuba-Solidarität informieren, bei der KPD(Ost) Buttons kaufen, mit Genossen linksradikaler Gruppen Zigaretten rauchen, mit den zahlreich anwesenden Verlegern und Antiquariats-Betreibern über Literatur philosophieren oder gar dem Genossen Modrow die Hand schütteln.
Ein Genosse der KJI mit Hans Modrow

Allein: So bunt und vielfältig dieses Treiben auch war, war es doch auch traurig, denn, wie ein Genosse bemerkte: "Wie stark, ja unschlagbar wären wir, würden all diese Genossen mal an einem Strang ziehen und nicht ihr eigenes Süppchen kochen."
Umso gespannter waren wir auf das von der SDAJ organisierte Jugendforum unter dem Motto "Jung, brutal und gut-aussehend - Wie kämpft und organisiert sich die revolutionäre Jugend?". Denn uns erscheint es angesichts der Schwäche und die Zersplitterung der Linken (beides bedingt sich) in diesem Land notwendig, gerade bei der Jugend anzusetzen, und diese revolutionär zu organisieren mit hin zu vereinen. Die Kämpfende Jugend Ingolstadt macht sich genau das vor Ort zur Aufgabe und versucht einen Raum zu schaffen, in dem sich Genossen aus verschiedenen Organisationen und un-organisierte, revolutionäre Jugendliche treffen und austauschen können. Daher wissen wir auch, wie wichtig dieser gegenseitige Austausch, der Dialog ist, und erhofften uns genau dies von dem Jugendforum. Es wurde hier die wichtigste Frage überhaupt gestellt: "Wie kann eine Organisierung der revolutionären Jugend gelingen?"
Eine Antwort darauf gab das Forum leider nicht. Statt echtem Dialog erlebten wir nur das beredte Schweigen der Vertreter der Gewerkschaftsjugend, der SDAJ, von linksjugend[solid] und eines Genossen des Roten Aufbau Hamburgs.
Demozug der LLL-Demo
Die Diskutanten sprachen über die subjektive Befindlichkeit der Jugend, diskutierten über Aktionsformen oder über die Frage, ob nun eine eventzentrierte Politik die Sache der Revolution voranbringen könne oder nicht. Dabei wurde zwar stets immer wieder betont, wie groß doch eigentlich die Gemeinsamkeiten seien und wie notwendig die Zusammenarbeit. Doch wurde nicht einmal im Ansatz diskutiert, wofür man denn kämpft, und wie man nun die revolutionäre Jugend und folglich auch die Revolution organisiert. Statt in einen echten Dialog über Methoden und Ziele zu treten, erschien es wichtiger, zu erörtern, welche Rolle nun die Versager des BAK Shaloms in der linksjugend spielen, oder ob das "Entglasen" von Bankfilialen eine sinnvolle Demonstrationsform sei. Die Gemeinsamkeiten der einzelnen Jugendgruppen wurden so nur negativ bestimmt, man konnte nur sagen, wogegen man ist. Doch ein produktiver Austausch von Gedanken und Standpunkten zur Kernfrage, wie denn das Klassenbewusstsein der proletarischen Jugend herzustellen und wie die revolutionäre Jugend zu organisieren sei, wurde nicht beantwortet. Ein echter Dialog fand in diesem Sinne nicht statt.
Auf der Demo
Und so war es doch sehr bezeichnend, dass die Diskutanten auf die Frage eines Genossen der KJI, wie denn nun die Revolutionierung und Organisierung der Jugend geschehen solle, mit Ausnahme des Vertreters des Roten Aufbau Hamburg, schwiegen. Der Hamburger Genosse stimmte immerhin dem Ingolstädter Ansatz, durch marxistisch-leninistische Bildungsarbeit, unter Jugendlichen Klassenbewusstsein herzustellen, zu. 
Uns verstört die offenbare Unfähigkeit zu einem echten Dialog unter revolutionären Jugendlichen verschiedener Organisationen. Dieser muss, gerade in der jetzigen Situation, geführt werden, gerade weil dies heißt, auch positiv zu beschreiben, wofür und wie man kämpfen will. Es ist deshalb in unseren Augen eine dringende Notwendigkeit, einerseits vor Ort, unter den Aktivisten revolutionärer, kommunistischer und sozialistischer Jugendgruppen, einen Dialog zu fühhren, Kämpfe zu vereinen, aber auch jenseits der Aktionseinheit (die meist ja doch hergestellt wird), theoretische Debatten und Auseinandersetzungen zu praktizieren. Wenn wir nicht dazu bereit sind, untereinander in einer Atmosphäre von solidarischer Kritik, unsere Überzeugungen zu diskutieren und im Gespräch die Theorie, die Analyse des Marxismus-Leninismus, voran zu treiben, wird die Organisierung einer vereinigten, revolutionären Jugend scheitern. Dann bleiben wir dieser Haufen zerstrittener, kleiner Grüppchen ohne Wirkung in die Massen.
"Eine politische Partei, die eine große revolutionäre Bewegung führt, kann nicht siegreich sein, wenn sie über keine revolutionäre Theorie verfügt, keine Geschichtskenntnisse besitzt, kein tiefes Verständnis für die praktische Bewegung hat." (Mao)

Wie notwendig dabei die Vereinigung der revolutionären Jugend -und die inhaltliche Auseinandersetzung wäre dazu ein erster Schritt - ist, zeigt die deutsche Geschichte: Das Entstehen des Faschismus liegt auch gerade an der Uneinigkeit der Jugendbewegungen in der Weimarer Republik, in denen ja gerade SPD und KPD konkurrierende Jugendverbände unterhielten. Bereits 1936 wurde so die FDJ als antifaschistische Jugendorgansiation gegründet, die für Kommunisten, Sozialisten, aber auch progressive Demokraten offen war.
Bis heute existiert die FDJ in der BRD weiter und kämpft um die Vereinigung der Jugend in genau diesem Sinn. Das war für uns auch der Grund, mit der FDJ auf die LLL-Demo zu fahren, da sie, anders als andere Organisationen, ganz bewusst eine Vereinigung von denen herstellen will, die gegen Kapitalismus, Faschismus und Krieg und für Demokratie und Sozialismus zu kämpfen bereit sind.

Wir selbst werden auch vor Ort in diesem Sinne weiter machen. Als Stammtisch und Treffpunkt aller revolutionär gesinnter Jugendlicher in der Region, arbeiten wir vor Ort, aber auch darüber hinaus, auch auf theoretischem Gebiet, an einer Vereinigung der revolutionären Jugend. Gleichzeitig  fordern wir aber alle Genossen, die dies lesen auf, Debatten in dieser Art zu führen und in einen echten Dialogprozess über alle Organisationsgrenzen hinaus zu treten.


Teil II (Sonntag): Für Rosa, Karl und Vladimir!

Am Sonntag gings dann zum Gedenkmarsch, der dieses Jahr mit 14.000 Teilnehmern sehr groß war. Erfreulich war, dass sehr viele junge Menschen an der Demo zu Ehren von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Vladimir Iljitsch Lenin teilnahmen. 
Gedenkstätte der Sozialisten
 Organisiert war die Demonstration in einer Reihe großer Blöcke, darunter waren Blöck von: FDJ, SDAJ, MLPD und REBELL,  KOMÜNIST PARTI,  JUGENDWIDERSTAND und einige andere Organisationen. Auffallend war, dass kaum Vertreter der Linkspartei zu sehen waren. Zwar mischten immer mal wieder einzelne Vertreter von linksjugend[solid], sds oder der Kommunistischen Plattform am Rande der Demo oder in bunten Blöcken mit, doch gab es weder einen einheitlichen Block noch eine wirklich wahrnehmbare Beteiligung der Größen der Linkspartei an der Demonstration. Vielmehr waren Linkspartei-Politiker damit beschäftigt, mit Unterstützung der Polizei, den "Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus" zu beschützen. Da kann man wohl schon vergessen, zur Demo zu kommen. (Übrigens reagierten die Genossen des Jugendwiderstands auf diese Provokation sehr gut, indem sie lautstark daran erinnerten, wer denn die Vordenker des Marxismus-Leninismus sind. Sehr zum Missfallen des Neuen Deutschlands und der Reformisten).
Doch nicht nur die Spitzenpolitiker der Linkspartei fielen negativ auf: Die Demo, so großartig sie war, dient nun eben doch auch der Selbstbestätigung und Darstellung diverser Gruppen. So kam es auch dazu, dass auf der Demo "Kindermörder Israel" geschrien wurde.
Nun soll man hier nichts falsch verstehen: Solidarität mit dem palästinensischen Volk ist Pflicht für Internationalisten. Allerdings ist diese Parole schlicht und ergreifend antisemitisch und hat auf einer Demonstration zu Ehren von Rosa und Karl nichts zu suchen. Sie stellen geradezu eine Vergewaltigung dessen, wofür unsere gefallenen Genossen gekämpft haben, dar. Wir fragen uns schon, ob man die Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser nicht auch anders hätte darstellen können.
Dennoch: Bei all den Fehlern und Schwächen dieser Demonstration, die durchaus auch wieder ein Zeichen für unsere Zersplitterung war, konnte man dennoch sehen, wie stark wir eigentlich sind: Kamen doch 14.000 Menschen aus ganz Deutschland unter großen Mühen und Kosten ins winterliche Berlin zu Ehre der drei Vorkämpfer des Sozialismus. Sicher lässt sich diese Zahl noch steigern, dennoch drückt sie aus, dass unsere Sache keineswegs tot ist, sondern eine durchaus relevante Kraft, die Menschen im ganzen Land, in allen Generationen begeistern und mobilisieren kann.
In diesem Sinne wollen und werden wir ein kämpferisches Jahr 2016 beginnen. Für die Revolution und den Sozialismus!


Genosse Basalt
Fotos: (c)privat

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