Wie Portale zu einer neuen Welt waren sie für mich, die
Tore des Congress Centrum Hamburg. Schon von weitem sah man die
schillernde Beleuchtung, die Ohren wurden mit ohrenbetäubenden
Bässen eingestimmt. Man lief so durch das winterliche, kalte und
dreckige Hamburg, auf das CCH zu und hatte keine Ahnung was einen
hinter dieser blinkenden Fassade erwarten würde.
Hatte man dann die
Eingangstür passiert, so musste man bei der Einlasskontrolle noch
kurz sein Bändchen (ähnlich den bekannten Festivalbändchen)
vorzeigen und war plötzlich mittendrin; mitten auf dem größten
Hackerkongress in Deutschland. Auch drinnen blinkte es überall. An
unzähligen Tischen saßen Hacker, Programmierer und Hacktivisten und
unterhielten sich über ihre Programme, ihre Netzwerke oder das
weltpolitische Geschehen. Jeder der immer dachte, dass Hacker
langweilige Nerds sind, die mit Maschinen besser klarkommen als mit
Menschen, die nicht aus ihren Zimmern rauskommen und keine Ahnung von
anderen Dingen haben, der wird hier eines besseren belehrt. Natürlich
haben technische Fragestellungen hier viel Raum und werden auch
ausführlich besprochen, jedoch haben politische Fragen hier einen
genauso großen Raum. So gab es beispielsweise eine Couch für
Grundrechte, initiiert von digitalcourage.de, einen großen Stand des
Bündnisses „Freiheit statt Angst“ sowie viele Gruppen aus dem
Bereich der Antifa. Diese waren jedoch nicht nur einfach vertreten,
sie haben auch diverse Workshops zu Themen wie Konsensdemokratie oder
Versammlungsfreiheit angeboten.
Auch die vielen Vorträge drehten sich nicht
ausschließlich um Verschlüsselungssysteme oder Internetsicherheit.
Neben Talks zu Themen aus der Physik oder der Raumfahrttechnik gab es
einen Vortrag zum NSA-Untersuchungsausschuss, zur Strafanzeige wegen
Landesverrat gegen netzpolitik.org oder zum VW-Abgasskandal. Auch das
nächtliche Kulturprogramm befasste sich mit politischen Themen. Bei
den Asyldialogen, ein Theaterstück der Bühne für Menschenrechte,
wurden Einzelschicksale von Flüchtlingen aufgegriffen und ergreifend
in Szene gesetzt. Großen Applaus erntete auch eine szenische Lesung
aus den Originalprotokollen des NSA Untersuchungsausschusses, welche
die Probleme und Absurditäten dieses Projekts eindrucksvoll
darstellte.
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Dazu passend war die Haltung der über 12.000
Teilnehmer. Einer der Referenten sagte am Anfang seines Vortrages,
dass er dieses Event vor allem wegen der Community so geil findet und
brachte dies mit der passenden Frage auf den Punkt: „ Was muss man
eigentlich machen, um hier ausgegrenzt zu werden?“ Außer Nazi zu
sein gibt es da tatsächlich nur sehr wenig. Jeder war für ein
Gespräch mit dir offen, ganz egal wie du aussahst oder welche
Meinung du vertreten hast. Besonders deutlich hat man das in der
Lounge gemerkt. In dieser zu einer Partyarea umgebauten Halle (an
dieser Stelle ein riesen Lob an die Organisatoren und vielen
ehrenamtlichen Helfer, die all das realisiert haben, dir immer
geholfen haben und generell eine großartige Arbeit geleistet haben),
lief pausenlos Musik, man konnte sich entspannen und einfach nur
miteinander feiern. Zwischen penetranten Weedgeruch und strömenden
Alkohol sind neue Bekanntschaften entstanden, hitzige Debatten
entbrannt und ist viel getanzt worden.
All diese Eindrücke kann man jedoch eigentlich nur
verstehen, wenn man sie selbst erlebt hat. Darum empfehle ich jedem
aus dem linksradikalen bis linksdemokratischen Spektrum nächstes
Jahr zwischen den Feiertagen nach Hamburg zu fahren und diesem
Spektakel beizuwohnen. Man sollte sich jedoch rechtzeitig
entscheiden, dieses Jahr waren die Karten irgendwann ausverkauft …
Genosse R
Hier noch der Jahresrückblick des Chaos Computer Clubs 2015:
Hier noch der Jahresrückblick des Chaos Computer Clubs 2015:
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