Dienstag, 13. Oktober 2015

Neoliberale Märchenstunde: Zur Verunglimpfung der Proteste gegen TTIP

Seltsame Querfront: Von Jutta Dittfurth über Antideutsche bis hin zu BZ-Schupelius und der "Achse des Guten": Alle fest vereint in der Überzeugung, dass Protest gegen TTIP im Grunde nationalistisch ist

250.000 Menschen demonstrierten am 10.10. in Berlin gegen TTIP.
250.000, eine beeindruckende Zahl in einem an sich apolitischen Land, die verdeutlicht, was alle Umfragen zeigen: Die deutsche Bevölkerung ist gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TISA.
Klar, dass das die bürgerliche Presse nicht auf sich beruhen lassen kann. Nachdem die Redaktionen von Spiegel bis zu den "antideutschen" Ruhrbaronen über Jahr und Tag TTIP verteidigten, durften sie diesen Affront, dass eine Mehrheit ihnen nicht blindlings folgt, nicht auf sich sitzen lassen. Und was läge da näher, als zu versuchen einen Protest, den man ob seiner schieren Größe nicht verschweigen kann, schlicht zu diffamieren.
Und so legt die bürgerliche Journaille, kräftig sekundiert von Reformlinken und "Antideutschen" aller Couleur,(1) los und erklärt schlicht und ergreifend die TTIP-Demo zu einer Manifestation von Nationalisten und provinziellen Antiamerikanern.
Natürlich: Rechte und Wahnwichtel beteiligten sich an dieser Demo. Es war ein unverzeihlicher Fehler, dass die Ordner etwa den Block der Identitären nicht der Demo verwiesen, dies muss, fraglos, kritisiert werden.
Wahr ist aber auch, dass sich die RednerInnen stets vom Antiamerikanismus und nationalistischen Ressentiments distanzierten. Es sprachen so unter anderem auch VertreterInnen der us-amerikanischen, kanadischen und kamerunischen Arbeiterschaft, die gemeinsam mit ihren deutschen Konterparts eines klar machten: Wir sind nicht gegen Amerikaner oder "die USA", weil wir gegen TTIP sind. Sondern, wir sind gegen TTIP, weil wir um unsere demokratischen Rechte, um die Sozialstandards fürchten. Von Nationalismus, der in der Tat manchmal in TTIP-Aktionen aufkommt, wenn Organisationen oder Personen meinen "unseren" Markt gegen böse US-Konzerne verteidigen zu müssen, war nichts zu spüren oder zu hören.
Und so waren die Mahnwichtel und Rechten eine verschwindend geringe Gruppe unter einer Masse an Demonstraten, die mit Jubel ihre Solidarität mit den us-amerikanischen Arbeitern ausdrückte.
Doch solche Kleinigkeiten sind den journalistischen Verteidigern von TTIP egal. Ihnen gilt der Neoliberalismus, dessen reinster Ausdruck TTIP ist, alles, Demokratie und Grundrechte nichts. Die Diktatur der Konzerne, die die ganze Welt affektieren und letztlich die Situation der allermeisten negativ verändern wird, ist für diese Redakteure Ausdruck der westlichen Zivilisation. Blindlings setzen sie Kapitalismus mit Fortschritt und Demokratie gleich. (2)
Und so wird uns TTIP-GegnerInnen das eine Märchen aufgetischt, wir seien in Wahrheit rechts, nationalistisch, demokratiefeindlich. Nicht so sehr weil, was sich nun einmal nicht verhindern lässt, Spinner in der Demo mitgelaufen wären. Dies lässt sich kaum vermeiden, und jene Antideutschen, die nun Querfront rufen, haben selbst oft genug mit Faschisten demonstriert.
Querfront for real

Nein, was uns in den Augen all der Apologeten von TTIP unerträglich und damit zu Protofaschisten macht, ist die Tatsache, dass der TTIP-Protest in seinem Kern antikapitalistisch ist. TTIP, selbst im DGB scheint sich das langsam rumzusprechen, ist notwendige Folge der imperialistischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte, ist Folge der sich verschärfenden Krise des Kapitals. Im Protest gegen TTIP artikuliert sich damit auch eine Opposition gegen das kapitalistische System an sich, so unbewusst und unentwickelt sie auch noch sein mag und hat damit zumindest das Potential, über das bestehende System hinauszuweisen.
Doch nichts können die bürgerlichen Kräfte, von der Achse des Guten bis zu den Ruhrbaronen, mehr fürchten, als eine antikapitalistische Massenbewegung in Europa. Denn Kapitalismus das ist für sie, in bester Schule von Milton Friedman, Demokratie. 
Und so hetzen sie gegen uns, wollen die Bewegung spalten und verhindern, dass die progressiven Kräfte auf die Anti-TTIP-Bewegung Einfluss nehmen.
Und daher dürfen wir die Märchentanten und Onkel nicht weiter ernst nehmen: Strafen wir sie Lügen, indem wir, die progressiven Kräfte, wir Kommunisten und Sozialisten, weiter auf die Anti-TTIP-Proteste einwirken, sie organisieren. Entziehen wir so den Rechten und Verrückten, die es jetzt leider tatsächlich innerhalb dieser Bewegung gibt,  den Boden, indem wir die antikapitalistischen Elemente des Protests vertiefen und uns konsequent gegen Antiamerikanismus und Natioanlismus stellen. Nutzen wir die Energie und Kraft dieser Bewegung, um den deutschen Imperialismus, um den bürgerlichen Staat selbst infrage zu stellen und für die echte Demokratie, die es nur im Sozialismus geben kann zu kämpfen! 

Genosse Basalt

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(1) Antideutsch sind Seiten wie "Aluhut für Ken" oder "Ruhrbarone" nur deswegen zu nennen, weil dies im Szenesprech üblich ist. Immer wieder erweist sich, dass diese Leutchen in Wahrheit kein Problem mit dem deutschen Imperialismus haben, mit Linken,. Proleten oder gar Arabern dagegen schon eher.
(2) Schupelius in der BZ: "Eigentlich müsste die ganze Welt eine Freihandelszone werden, die scheitert an den vielen Diktaturen und unfreien Systemen. Die EU und damit auch unser Land kann sich auf Dauer nur im Verbund mit den USA im Welthandel behaupten. TTIP würde außerdem das westliche Bündnis stärken. Wir in Berlin wissen sehr genau, wie wichtig dieses Bündnis ist, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen."

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